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ProGeo-UP: Umsetzung der Produktverantwortung durch Kreislaufschließung bei Geokunststoffen

Geokunststoffe werden seit Jahrzehnten erfolgreich in allen geotechnischen Bereichen (Erdbau, Wasserbau, Verkehrswegebau, Deponiebau) eingesetzt. In dem Projekt ProGeo-UP sollen für diese hochwertigen Kunststoffe, die derzeit nach einem Rückbau vorwiegend in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden, die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine vollständige Kreislaufschließung innerhalb der nächsten fünf Jahre zu vollziehen.  

Geogitter_IWARU FH Münster

Geogitter-Bewehrung in einer Brückenkonstruktion (© FH Münster, IWARU) 

Geokunststoffe gewinnen an Bedeutung

Neben mineralischen Baustoffen wird im Baubereich seit den 1960iger Jahren weltweit zunehmend auch ein großer Anteil an Kunststoffen (in 2019 in Deutschland rund 2,94 Mio t) in unterschiedlichen Bereichen (als Dämmung, Abdichtung, Rohre, Fensterprofile etc.) eingesetzt. Ein relevantes Segment sind hierbei Geokunststoffe, die vor allem im Wasserbau, Erd- und Grundbau sowie im Deponie- und Tunnelbau und Grundwasserschutz in unterschiedlichen Funktionen (z. B. Filterung, Abdichtung, Stabilisierung) verwendet werden.

Der Anteil der jeweils benötigten Geokunststoffe liegt dabei deutlich unter 5 % der Gesamtmassen einer Konstruktion, weist aber eine enorme Hebelwirkung im Hinblick auf ökologische und volkswirtschaftliche Aspekte auf. So lassen sich mit dem Einsatz von Geokunststoffen durch z. B. schlankere Bauweisen große Mengen mineralischer Fraktionen, Beton und Stahl substituieren und lokal verfügbare Baustoffe minderer Qualität einsetzen, so dass Massentransporte von Schüttgütern entfallen. 

Daraus resultieren erhebliche Umweltentlastungen wie CO2-Reduzierungen von bis zu 90 % im Vergleich zu konventionellen Bauweisen oder auch sonstiger Emissionen (Lärm, Reifenabrieb, etc.). Deutliche Verkürzungen der Bauzeit sind zudem möglich, wodurch sich neben betriebswirtschaftlichen auch deutliche volkswirtschaftliche Vorteile (z. B. schnellere Wiederinbetriebnahme von Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Brücken) ergeben. Da die Entsorgung von Geokunststoff-Mineralik-Gemischen nach dem Rückbau aufgrund fehlender Entsorgungsalternativen (u. a. Rücknahme- und Aufbereitungskonzepte) zurzeit noch in Müllverbrennungsanlagen erfolgt, besteht hier großes Optimierungspotenzial.

 

Vollständige Kreislaufschließung für Geokunststoffe

Das Projekt "ProGeo-UP" sieht vor, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um eine vollständige Kreislaufschließung für Geokunststoffe innerhalb der nächsten fünf Jahre zu vollziehen. Hierbei wird neben der Wiederverwendung ausgewählter Produkte auch eine Wiederverwertung bis zur höchsten Qualitätsebene, d. h. bis zu einer werkstofflichen Verwertung für neue Geokunststoff-Produkte angestrebt. Dafür werden auf Basis von drei Großversuchen u. a. Rückbautechniken zur Wiedergewinnung der eingebauten Geokunststoffe entwickelt und erprobt sowie die Logistiksysteme und Prozesse, die ein werkstoffliches Recycling von Geokunststoffen ermöglichen, erarbeitet. Der Kreislauf wird robust aufgestellt, um dauerhaft auch für GEOK aus Sekundärmaterialien ein hohes, homogenes und normgerechtes Qualitätsniveau sicherstellen zu können. Hierzu werden die notwendigen administrativen und regulativen Rahmenbedingungen (Normung und Standardisierung) erarbeitet. Gestützt durch eine einheitliche Wissensbasis zum Lebenszyklus der Produkte, welche in einem digitalen Zwilling hinterlegt ist, werden Qualitätssicherungsmechanismen etabliert, die eine flächendeckende, umfassende Rückführung und Verwendung/Verwertung von hochwertigen Sekundärmaterialien aus Geokunststoffen ermöglichen. Während des Projekts erarbeitete wirtschaftliche und ökologische Kennzahlen dienen der Etablierung nachhaltiger Geschäftsmodelle für diese Produktgruppe.

Breites Anwendungsfeld für die Lösungsansätze

IWARU koordiniert das Projekt und befasst sich mit der (Vor-)Aufbereitungstechnik sowie der Analyse der generierten Stoffströme in den verschiedenen Wertschöpfungsstufen. Die RUB hilft beim Aufbau von Strukturen zur Erfassung relevanter Daten über die Wertschöpfungsstufen (Materialpass) und deren Verknüpfung mit den relevanten Akteuren. Mit NAUE und HUESKER beteiligen sich zwei der in Europa führenden Hersteller von Geokunststoffen an dem Projekt.  Über IBH wird der Zugang zu konkreten Bauvorhaben, inkl. konstruktiver Details, ermöglicht. TIBATEK ist Spezialist für Anbaugeräte für den Ein- und Rückbau von Geokunststoffen. TAILORLUX GmbH entwickelt Markierstoffe und Sensortechnik zur Qualitäts- und Prozesssicherung von Kunststoffen und mit LINDNER & USG ergänzen zwei renommierte Hersteller für Aufbereitungsaggregate das Verbundprojekt. Daneben unterstützen weitere assoziierte Partner, wie das Institut für Werkstoffanwendungen an der TH Köln, das Projekt.

Das hier erarbeitete Konzept sieht eine universelle Verwendbarkeit für erdberührte Kunststoffprodukte im Baubereich (z. B. Gründächern und Kunstrasenplätzen) vor, da diese ähnliche Rahmenbedingungen wie die hier diskutierten Geokunststoffe haben. 

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Rückbau eines Geokunststoffes in einer temporären Lagerfläche für die Errichtung einer Windkraftanlage (© FH Münster, IWARU) 


Veröffentlichungen

Projektblatt (deutsch) (Januar 2024)
Das Projektblatt bietet eine Kurzübersicht zu den Forschungsvorhaben und Zielen.

Laufzeit
01.09.2023  - 28.02.2027

Förderkennzeichen
033R3391

Fördervolumen des Projekts
1.600.000 €

Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme
FH Münster, Institut für Infrastruktur∙ Wasser∙ Ressourcen∙ Umwelt (IWARU)
Corrensstraße 25
48149 Münster

 +49 (0) 251 83 65253
flamme(at)fh-muenster.de 

Projektpartner
Ruhr Universität Bochum, Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen (RUB)
Herold & Partner Ingenieure mbH (IBH)
TAILORLUX GmbH
TIBATEK GmbH
HUESKER Synthetic GmbH
NAUE GmbH & Co. KG

Webseite
Projektwebseite der FH-Münster